Meinungen
Nationalpark Vessertal? | Februar 2011
Freie-Wähler-Gründe gegen die Entwicklung eines Nationalparks in Südthüringen
Wir haben uns wie viele Bürger und Fachleute aus Verwaltungen, Verbänden und Wirtschaft in die Protestaktionen eingereiht, als 2009/10 aus dem Koalitionsvertrag publik wurde, dass die Landesregierung über die Entwicklung eines Nationalparks in Südthüringen nachdenkt.
Diskussionsrunden und Meinungsäußerungen in den Kommunen und Medien zeigten, dass sich regelrechter Widerstand formierte. Fest steht, dass ein Nationalpark eine für die hier lebenden Menschen folgenschwere Entscheidung wäre. Für die großflächigen Kernzonen wäre jegliche Nutzung untersagt, weil sie ausschließlich dem Erhalt der genetischen Ressourcen und gefährdeten Arten und Lebensräume dienen, Referenzobjekte für die Forschung sind. Die Protestler, darunter auch wir, plädieren für einen gesunden, artenreichen und nutzbaren Wald.
Dem eventuellen Vorteil bezüglich der Vermarktung der Region stünden absolute Einschränkungen und Nachteile entgegen. Beim Nationalpark wären 75 Prozent seines Bestandes außer jeglicher Nutzung. Zu den verbleibenden 25 Prozent zählen alle Wege und Parkflächen. Es bliebe also nicht viel übrig an Wald- und Wiesenfläche, die traditionell genutzt werden kann. Wir denken dabei u. a. an Holzwerbung und Holzwirtschaft, Jagd und Wintersport abseits des Rennsteigs. Betroffen würden auch touristische Betriebe sein wie beispielsweise das Ringberg Hotel, welches 53 Prozent aller Gäste-Übernachtungen in Suhl realisiert.
Wie es aussieht, ist die Landesregierung eingeknickt und hat sich vom Vorhaben "Nationalpark" verabschiedet. Dafür geht es jetzt um die Erweiterung des Biosphärenreservates Vessertal-Thüringer Wald. Das ist unbestritten ein Tourismusmagnet. Es wurde 1979 von der UNESCO anerkannt und ist heute ca. 17 000 ha groß. Dieser Status ist in Gefahr, sollten nicht endlich Mittel von der Landesregierung zur weiteren Gestaltung zur Verfügung gestellt werden. So wird von der UNESCO das fehlende Informationszentrum angemahnt und die Erweiterung des Reservats auf 30.000 ha gefordert. Auch diese Maßnahme würde eine Ausweitung der bisherigen 562 ha großen Kernzone bedeuten. Im Januar startete zu dieser Natur-Problematik im Ringberg Hotel nun der moderierte Diskussionsprozess, der im Koalitionsvertrag eigentlich der Entwicklung eines Nationalparks zugedacht war. Bis 2012 soll mit betroffenen Kommunen debattiert und Ergebnisse erzielt werden.
Wir Freien Wähler haben über den Suhler Stadtrat mit dazu beigetragen, dass in Suhl eine öffentliche große Informationsveranstaltung mit Fachleuten zum Thema Entwicklungsnationalpark stattfand. Für uns ein gutes Beispiel für Bürgerbeteiligung bei wichtigen Entscheidungen.
Freie Wähler sind keineswegs gegen nachhaltigen Schutz von Natur und Arten
Natürlich sind auch wir Suhler Freien Wähler für den nachhaltigen Schutz von Natur und Arten. Wir meinen allerdings, dass dies auch ohne Nationalpark in Südthüringen möglich ist. In unserer Stadt gibt es dafür hervorragende Beispiele und Initiativen. Deshalb haben wir auch den Antrag im Stadtrat initiiert, dass die Stadt Suhl am Wettbewerb "Bundeshauptstadt der Biodiversität" teilnimmt. Dieser Wettbewerb wurde von der Stiftung "Lebendige Stadt" und der "Deutschen Umwelthilfe" gemeinsam für 2011 ausgelobt. Er dient dem Schutz der Öko-Systeme und der Artenvielfalt.
Ingrid Ehrhardt, Fraktionsvorsitzende Freie Wähler Suhl
Nationalparkdiskussion | 2010
Im Koalitionsvertrag 2009 der Thüringer CDU/SPD Landesregierung steht, dass zur weiteren Entwicklung des Biosphärenreservats Vessertal in einer moderierten Diskussion bis 2012 über die Einrichtung eines Entwicklungsnationalpark entschieden werden soll.
Der Passus wurde erst mal von vielen gar nicht wahr genommen. Unser Oberbürgermeister, gebranntes Kind durch den länderübergreifenden Nationalpark Sächsische Schweiz und als promovierter Forstwissenschaftler auch Fachmann, hat sehr schnell die Initiative ergriffen und Diskussionsveranstaltungen mit organisiert.
Es hat sich gezeigt, die Menschen im Thüringer Wald wollen im Einklang mit der Natur leben. Jagen, Angeln, Pilze und Beeren sammeln, Holz einschlagen und ungehindert auch auf kleinen Pfaden den Wald erleben. Es besteht kein Interesse an einem Nationalpark mit riesigen Kernzonen.
Wir vertreten ebenfalls diesen Standpunkt. Das bestehende Biosphärenreservat sollte nach den dafür geltenden international gültigen Festlegungen ausgebaut und ggf. erweitert werden. Es gibt verlässliche Daten, der Tourismus wird vom Nationalpark nicht befördert. Die Gäste kommen wegen Attraktionen wie dem Baumkronenpfad, der Bastei oder dem Hexenpfad usw.
Inzwischen ist der Entwicklungsnationalpark vom Tisch und die Diskussion zur weiteren Gestaltung des Biosphärenreservates hat begonnen.
Brigitte Günkel, Vorsitzende Freie Wähler Suhl
Leserbrief im "Freien Wort" | November 2009
Im Koalitionsvertrag ist unsere Region benannt. In einer moderierten Diskussion soll bis 2012 über die Einrichtung eines Entwicklungsnationalpark entschieden werden. Grundsätzlich sehr gut, dass der Thüringer Wald ins Visier genommen wird. Lasst die Sache doch erst mal auf euch zukommen, habe ich die letzten Tage oft gehört. Mit den Erfahrungen Mülldeponie und Müllverbrennungsanlage denke ich, nein, lieber baldmöglichst aktiv werden.
Nach meinem Verständnis "Entwicklungs"-Nationalpark, weil der kyrillgeschädigte Fichten-Pflanzwald nicht schutzwürdig ist. Durch ökologischen Waldumbau, den ich nur begrüße, soll in den nächsten mindestens 20 Jahren der zukünftige Nationalpark gestaltet werden. Für diese Zeit erscheint mir die Aussage der Landrätin Elonore Mühlbauer, es gibt keine Einschränkungen für die Bürger, realistisch. Für einen Nationalpark gibt es dann klare gesetzliche Regelungen, auch in Thüringen. Dürfen wir dann wirklich noch den Wald betreten, Pilze und Beeren sammeln, jagen, angeln, Wintersport auch abseits des Rennsteigs betreiben? In der Diskussion erwarte ich dazu eine klare Aussage von kompetenter Stelle. Ich wünsche mir, dass auch die nächsten Generationen mit und in der Natur lebt.
Den Vergleich mit dem Hainich halte ich für unrelevant. Dort wurde aus militärischen und landwirtschaftlichen Flächen ein Nationalpark geschaffen und damit der Tourismus für die Gegend neu entdeckt. Es wurden alte wertvolle Buchenwälder unter Schutz gestellt. Von den meisten Besuchern wird der Baumkronenpfad bestaunt und dann weiter zum nächsten Highlight.
In den alten Bundesländern hat sich Widerstand zu Nationalparkvorhaben im Steigerwald und im Siebengebirge formiert. Warum? Mit den Argumenten dieser Bürgerbewegungen sollten wir uns intensiv auseinander setzen, bevor eine nachhaltige, schwerwiegende Entscheidung für die Region gefällt wird. Die weitere Gestaltung des Naturparks Thüringer Wald mit dem Kernstück Biosphärenreservat Vessertal halte ich auf alle Fälle für eine nachdenkenswerte Alternative zum Entwicklungsnationalpark.
Brigitte Günkel, Suhl-Heidersbach